Minimalismus im Unternehmen: Das neue Wachstum
Es gibt ihn in der Malerei, in der Musik und im Kleiderschrank: Minimalismus ist die Kunst des Schlichten, des Aufgeräumten, der Konzentration auf das Wesentliche. Er lässt den Ballast des blinden Materialismus los. Dieses Denken kommt mittlerweile auch in der Wirtschaft an. Und so konzentrieren sich immer mehr Unternehmen auf das Wesentliche – und das muss nicht immer das unendliche Wachstum sein. Der finanzielle Erfolg weicht bei minimalistisch denkenden Unternehmen anderen Zielen, etwa nachhaltiger oder besonders sozialverträglich zu arbeiten. Minimalismus muss also keine Bilanz sein, kein Mehr oder Weniger – sondern einfach nur ein anders.
Die Outdoor-Marke Patagonia verkündete Anfang 2021, dass ihr Wachstum nun ein Ende hat. Damit wollte der Konzernchef Ryan Gellert allerdings keineswegs den Bankrott verkünden – sondern, dass bei Patagonia einfach vieles anders läuft. „Immer größer zu werden, heißt nicht zwingend, effektiver zu sein. Wir wollen unsere Anliegen jetzt vom Wachstum entkoppeln“, erklärte Gellert gegenüber NZZ am Sonntag. Patagonia wolle eine neue Definition für Erfolg finden. Eine starke Fixierung auf Umsatzzahlen sei für ihn weder nachhaltig noch sinnstiftend. Und so springt mit der Outdoor-Marke ein riesiges Unternehmen vom Konsumzug ab.
Denn, seien wir mal ehrlich, die Wirtschaft kann nur immer weiter wachsen, wenn wir dafür entweder den Planeten oder andere Menschen ausbeuten. Oder beides. Die Frage ist also: Ist Wachstum unser höchstes Gut – oder haben Unternehmer:innen vielleicht noch ein paar andere Werte?
Minimalismus im Stundenkonto: Zeitwohlstand
Minimalismus bedeutet also nicht, nur 100 Teile zu besitzen. Es geht nicht darum, alles auszumisten, wegzuwerfen und einfach nur weniger zu besitzen. Minimalismus bedeutet vor allem, achtsam und bewusst zu entscheiden, was man wirklich will – und das bezieht sich nicht nur auf materielle Dinge. Denn wer weniger kaufen will, der muss auch nicht zwingend viele Stunden arbeiten. So haben viele innovative Unternehmen die 40-Stunden-Woche bereits in Rente geschickt. Damit trotzdem das Ergebnis und der Output stimmen, herrscht in solchen Unternehmen meist auch in den Arbeitsabläufen Minimalismus: Als Microsoft Japan beispielsweise mit der 4-Tage-Woche experimentierte, waren die Mitarbeiter:innen sogar produktiver als sonst. Denn unnötige Besprechungen wurden gestrichen, die Anzahl der Besprechungsteilnehmer:innen begrenzt und der Fokus blieb immer auf dem Thema. Gemenschelt wird nach Dienstschluss – und der kommt dann ja früher. Der Minimalismus bringt den Mitarbeiter:innen dadurch mehr Zeit für ihre Familie, Freund:innen oder Selbstverwirklichung. Der Satz “Sorry, hab keine Zeit, bin im Stress” ist dann kein Statussymbol mehr. Er weicht dem gelassenen “Klar, ich hab Zeit” der Minimalist:innen.
Minimalismus, Grubengold-style
Wir glauben, dass gut gemachte Innovationen auf das Wesentliche fokussieren: Auf den Nutzen, den den Kund:innen daraus ziehen können und auf den Impact der Innovation auf die Welt. Deshalb sagen wir Ja! zu Wachstum – aber nicht um jeden Preis. Als Dienstleister wollen wir eine gesunde Größe erreichen. Wir wollen der lustige Mittelständler von nebenan werden. So können unsere Geschäfte stabil laufen und wir optimal für unsere Kund:innen da sein. Das ist für uns das allerwichtigste. Und mehr brauchen wir gar nicht, damit die Welt und wir ein bisschen glücklicher werden.